Vespa velutina nigrithorax

Seit längerer Zeit breitet sich die Vespa velutina nigrithorax, auch bekannt als Asiatische Hornisse, in Europa aus und wird zunehmend zu einem Problem für Imker und das Ökosystem. Hier erfahren Sie im Beitrag von Siglinde Müller mehr zur Vespa velutina, den Folgen ihrer Ausbreitung und dazu, was bei einer Sichtung zu beachten ist.

Herkunft der Vespa velutina

  • Kommt ursprünglich aus den Gebieten zwischen Afghanistan und Ostchina sowie Indochina und Indonesien
  • Tritt in diesen Regionen in mehreren Unterarten und Varietäten auf, wobei sich nur die Unterart Vespa velutina nigrithorax in Europa ausgebreitet hat
  • Sie wurde vermutlich über den Seeweg aus Asien eingeschleppt, was den Namen „Asiatische Hornisse“ prägt

Ausbreitung

  • Erster Nachweis in Europa 2004 in Frankreich in der Nähe von Bordeaux, danach Ausbreitung Spanien, Portugal, Italien, Belgien, den Niederlanden, England, Deutschland und der Schweiz
  • Erster Nachweis in Deutschland 2014 in Waghäusl, Baden-Württemberg
  • Im Jahr 2020 Nachweise der Vespa velutina nigrithorax in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hamburg

Vespa velutina im Saarland

Die Vespa velutina nigrithorax im Überblick

Die Vespa cabro im Vergleich

Entwicklungszyklus der Vespa velutina

Primärnestgründung:
– Königin baut zunächst ein Primärnest an geschützten Stellen in Hecken, Sträuchern, Schuppen,
Vogelnistkästen
– Velutinaköniginnen stehen beim Primärnestbau untereinander in Konkurrenz und töten Artgenossinnen
–> wird bei Bekämpfung ausgenutzt, indem Primärnester entfernt werden, sobald Arbeiterinnen geschlüpft
sind
– Königin baut das Nest und versorgt die Brut zuerst alleine
– Nach dem Schlüpfen der ersten Arbeiterinnen legt die Königin nur noch Eier
– Wird das Primärnest zu klein wird zu 70% ein Sekundärnest in hohen Baumkronen gebaut

Sekundärnest:
– Durchmesser: 50-80 cm 
– Durchschnittlicher Inhalt: 
o Waben: bis 11
o Gezählte Zellen: bis 13.576
o Geschlüpfte Individuen/Saison: durchschnittlich 6500
o Flugfähige Individuen im Nest: max. 1742
o Geschlüpfte Königinnen: bis 563

Königinnen:
– Überwintern bei starker Kältetoleranz 
– Ca. 10% der Königinnen gründen im nächsten Frühjahr wieder ein Primärnest

Primärnester der Vespa velutina

Sekundärnester der Vespa velutina

Rechtslage Vespa velutina vs. Vespa crabro

Vespavelutina–Asiatische Hornisse:

  • Gilt nach EU-Verordnung (EU-VO 1143/2014 –dritte Fortschreibung 2022) als invasive Art und ist damit meldepflichtig
  • In die EU-Verordnung werden Arten aufgenommen die nachteilige Auswirkungen auf Biodiversität (durch Konkurrenz, Prädation (Erbeuten) und Hybridisierung (Vermischen)), Menschliche Gesundheit, Wirtschaft und Ökosystemdienstleistungen (Wasserqualität, Nährstoffkreislauf, Bestäuberleistung) haben
  • Damit sind die Länder verpflichtet, Maßnahmen gegen eine Ausbreitung invasiver Arten zu unternehmen 

Vespacrabro–Europäische Hornisse:

  • Ist nach dem Bundesartenschutz (§20 BArtSchV) und des Bundesnaturschutzgesetzes (§44 BNatSchG) besonders streng geschützt:Es ist verboten, Hornissen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn-oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Bei Zuwiderhandlung liegt das Strafmaß bei einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder einer Geldstrafe.

Nahrungsspektrum des Vespa velutina

• Nahrungsspektrum abhängig von:
– Umgebung
o Stadtgebiet
o landwirtschaftliche Flächen
o Wald
– lokaler Dichte von Bienenstöcken
• Beutemenge abhängig von der Nestgröße
• Beuteaktivität im Oktober am größten
• pro Saison werden pro Nest! ca. 11 bis 20 kg Insektenbiomasse verzehrt:
– Velutina zerlegen die Bienen martialisch: sie beißen den Kopf, Hinterleib, Flügel und Beine ab und nur das Bruststück mit der
proteinreichen Flugmuskulatur wird in den Bau eingetragen

Gesundheitsgefährdung durch Vespa velutina

Allgemeines:
– Vespa velutina greift Menschen nur an, wenn sie sich bedroht fühlt:
o Besteht keine Gefahr wenn sie um die Beute fliegt 
o Ist extrem wehrhaft und gefährlich wenn man sich absichtlich oder unabsichtlich einem Nest nähert
– Gesundheitsgefährdung besteht aufgrund von:
o Stichen 
o Giftdrüse mit -sack  im Hinterleib:
Inhalt ist eine Mischung aus: Pheromonen, Allergenen und Toxinen

Stiche:
– Stachellänge Vespa crabro: 3,7 mm
– Stachellänge Vespa velutina: 6 mm 
o Stiche sind extrem schmerzhaft
o Hautreaktionen bei Nichtallergikern sind vergleichbar mit einem Bienenstich: Schwellung, Rötung, Juckreiz, Schmerzen

Vorsicht: Aufgrund der Stachellänge reichen normale Imkeranzüge nicht aus!!:
– Im Saarland werden patentierte Schutzanzüge der spanischen Firma Xorsa eingesetzt
– Erforderlich ist auch ein kompletter Gesichtsschutz: eine Schutzbrille ist unzureichend!

Pheromone:
– Entsprechen flüchtigen Botenstoffe, die das Verhalten der Kolonie regulieren:
o Warnung von Artgenossen bei Gefahr 
o Auslösen von Angriffen beiArbeiterhornissen 
o Markierung guter Nahrungsquellen
o Anlocken männlicher Artgenossen
– für Menschen wahrscheinlich ungefährlich

Allergene:
– Mix aus verschiedenen allergen wirkendenden Substanzen, u. a. Antigen 5und α-1-Phospholipase
– Haben biochemisch gewisse Ähnlichkeit zu den Allergenen der allgemeinen Wespe (Vespavulgaris):
o Nachteil: wurde man früher schon mal von einer normalen Wespe gestochen, kann sich bereits nach einem einzigen Velutinastich ein
allergischer Schock („Anaphylaxie“) entwickeln
o Vorteil: reagiert man stark allergisch auf einen Velutinastich, kann evtl. eine Hyposensibilisierungen mit Wespentoxin durchgeführt
werden.Erfolgsquote bei ca. 30% –> weitere Studien notwendig
– Spanien: exponentieller Anstieg der Anzahl allergischer Reaktionen seit Beginn der Verbreitung der Vespa velutina –> 75% aller
Insektenstich-Allergien werden mittlerweile von Vespa velutina verursacht 

Toxine:
– Mittlerweile sind 293 verschiedene Toxine im Gift der V. velutina identifiziert mit verschiedenen Auswirkungen:
o Blutgerinnung(z. B. Faktor-V-Aktivator, Giftplasminogenaktivator): verursachen Blutungen, aber auch unzählige Blutgerinnsel im
Blutgefäßsystem –> mündet im Multiorganversagen 
o Organe: Organversagen v.a. nach Mehrfachstichen –> hohe Toxinkonzentrationen wirken direkt toxisch auf Nieren, Herz, Muskulatur,
Leber etc.
o Nervensystem(Neurotoxine): Lähmungen, Nervenschmerzen, Abbau von Nervenzellen (Neurodegeneration)
o Augen: in die Augen gespritztes Toxin führt zur Augenrötung, -schmerzen,  Schnupfen, verschwommenem Sehen, Schwellungen um
das Auge, Hornhautentzündungen

Wirtschaftliche Schäden für Imker

Vespa velutina schadet den Bienen durch:
– Abfangen von Bienen vor den Fluglöchern
– Erzeugung von Stress in den Völkern –> Sammeln und brüten wird bei starkem Beflug eingestellt –> weniger Winterbienen werden
nachgezogen –> höheres Risiko, dass Völker den Winter nicht überleben
– Auch gesunde und varroafreie Völker können von den Hornissen zerstört werden –> wer glaubt, nur geschädigte Völker würden
angeflogen werden, irrt!!

Bislang vorhandene Daten zu Schäden und Kosten:
– Bekämpfungskosten:
o Frankreich: 2020 entstanden für Bekämpfung Kosten in Höhe von 11,9 Mio. Euro –> jährlich ansteigend
o Deutschland: Bekämpfungskosten geschätzt bei 5 Mio. Euro
– Völkerverluste:
o Frankreich: Völkerverluste zwischen 30-80% (Monceauet al. 2014)
o Ligurien: Anstieg der Wintersterblichkeit der Bienenvölker um 18 %
– Einkommensverluste durch Verlust der Bienenvölker und Honigverluste können gar nicht realistisch beziffert werden

Wirtschaftliche Schäden für den Obst-und Weinbau

Situation in Frankreich bei Nestdichten von bis zu 12 Nestern pro Quadratkilometer:
– Pflanzenbestände werden seltener von Honigbienen, Hummeln und anderen Bestäubern besucht:
o negativer Einfluss auf die Bestäubung
o Wert der Bestäuberleistung durch die Imkerei beträgt 1,6-3,8 Mrd. Euro/Jahr Deutschland –> Schäden hier nicht abschätzbar
– keine quantifizierenden wissenschaftlichen Arbeiten über Schäden im Obst-und Weinbau , jedoch zahlreiche persönliche Berichte über
Schäden im:
o Weinbau durch Ernteverlust und Gefahr für Erntehelfer durch Stiche
o Obstbau
o Erdbeeranbau

Wie finde ich heraus, ob meine Bienen gefährdet sind?

Was tun bei einer Sichtung?

Meldepflicht:
– Im Saarland

– In Rheinland-Pfalz: 
o Meldeplattform: https://artenfinder.rlp.de/MeldeaufrufAsiatischeHornisse

– Meldung an die entsprechenden Sachverständigen der Imkervereinigung:
o Saarland: Herr Christoph Altmeyer: altmeyer@saarlandimker.de
o Rheinland-Pfalz: Andreas Presuhn: Obleute_Bienengesundheit@imkerverband-rlp.de

– Informieren:
o Homepage des Saarländischen Imkerbundes: https://www.saarlandimker.de/fachbereiche/vv-asiatische-hornisse/
o Homepage des Imkerbundes Rheinland-Pfalz: https://www.imkerverband-rlp.de

– Anschluss an eine Taskforce:
o ehrenamtlich tätige Imker bieten Rat und Unterstützung bzgl. der Fragen der Nestsuche und dem Schutz der Bienen
o Saarland: Aufnahme in die WhatsApp Gruppe über Christoph Altmeyer bzw. Peter Eitel (Sachverständige und Administratoren)
o Rheinland-Pfalz: Thomas Hock??  Andreas Presuhn??

Schlussfolgerung & Aussichten

Aufklärung der Öffentlichkeit, denn Velutina ist ein Problem für die Allgemeinheit:
– Gefahr für die Biodiversität
– Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung durch herabfallende Nester in Städten, v. a. im Bereich von Kindergärten und Schulen
– Gefahr für die:
o Landwirtschaft
o Imkerei 
o Bestäubungsleistung

Es bleibt zu hoffen, dass wir in zukünftig  weitere Möglichkeiten finden um die Ausbreitung der Vespavelutinazu unterbinden
– Denkbar wären:
o Gezielter Einsatz von Krankheitserregern oder Parasiten 
o Einsatz natürlicher Feinde z. B. Wespenbussard oder Bienenfresser
o Hochselektive Fallen die nur Vespavelutina fangen